Ida Noddack

Die verkannte Entdeckerin

Ida Noddack war eine Vorbotin. Eine Vorbotin ?einer der wichtigsten, aber auch folgenschwersten Entdeckungen unseres Jahrhunderts“, beschreibt der Fr?nkische Tag am 5. M?rz 1998 ihr wissenschaftliches Erbe: Sie gilt heute als eine Forscherin, die einst den Weg zur sp?teren Atombombe ebnete. ?berdies hat sie von Bamberg aus zusammen mit ihrem Ehemann, Walter Noddack, in der Geochemie weltweit Ma?st?be gesetzt. Dank des Noddack-Hauses am Markusplatz 3 sind die beiden Naturforscher bis heute ein sichtbarer Teil der Universit?tsgeschichte.

Als Ida Eva Tacke wird die sp?tere Chemikerin am 25. Februar 1896 in Lackhausen bei Wesel, in Nordrhein-Westfalen geboren. 1921 an der Technischen Hochschule Berlin zum Doktor der Ingenieurwissenschaften promoviert, zieht es sie zwei Jahre sp?ter an die Physikalisch-Technische Reichsanstalt Berlin, wo sie ihren sp?teren Ehemann Walter Noddack trifft. Beide forschen in der Hauptstadt gemeinsam – Walter haupts?chlich in der Fotochemie, Ida weist mittels der R?ntgen-Spektrographie Elemente von weniger als einem Millionstel Gramm nach. 1925 heiraten die Forschenden. Im gleichen Jahr entdecken sie die chemischen Elemente 75 (Rhenium) und 43 (Masurium). Die Fachwelt zweifelt die Entdeckung Masuriums lange an, erst zw?lf Jahre sp?ter wird das Element offiziell anerkannt – und als Technetium ins Periodensystem der Elemente aufgenommen.

1934 kommt Ida Noddack auf den folgenschweren Gedanken, dass durch die Uran-Neutronenbestrahlung eine Spaltung des Atomkerns m?glich sei. Es sei denkbar, schreibt sie im gleichen Jahr an den italienischen Kernphysiker Enrico Fermi, ?da? bei der Beschie?ung schwerer Kerne mit Neutronen diese Kerne in mehrere Bruchstücke zerfallen, die zwar Isotope bekannter Elemente, aber nicht Nachbarn der bestrahlten Elemente sind“. Im Widerspruch zu dem damals bekannten Forschungsstand stehend wird auch diese Vermutung Ida Noddacks angezweifelt, in der Forschung zun?chst kaum bis gar nicht berücksichtigt. Otto Hahn und Fritz Stra?mann sind es, denen 1938 als erste die praktische Kernspaltung – und somit die Umsetzung der Idee Ida Noddacks – gelingt. Ab diesem Zeitpunkt erh?lt auch sie Anerkennung für ihre Leistung als Vordenkerin. 

Nach beruflichen Stationen in Freiburg im Breisgau und Stra?burg kommt Ida Noddack zusammen mit ihrem Ehemann 1945 nach Bamberg. Auch hier arbeitet sie an seiner Seite, baut mit ihm zusammen an der Philosophisch-Technischen Hochschule, einer Vorl?uferinstitution der Universit?t Bamberg, das Forschungsinstitut für Geochemie auf. Zum damaligen Zeitpunkt ist es neben dem in Moskau eines von nur zwei seiner Art in Europa. 1956 wird es eine eigenst?ndige Forschungseinrichtung, das Staatliche Forschungsinstitut für Geochemie, und existiert unabh?ngig von der Philosophisch-Theologischen Hochschule. Ida Noddack konzentriert ihre Forschung weiter auf das Entdecken und Erforschen von chemischen Elementen.

Nach dem überraschenden Tod ihres Ehemannes im Dezember 1960 gelingen ihr auch in der Biochemie noch richtungsweisende Erkenntnisse, darunter das Aufl?sen von Nierensteinen. 1966 wird sie für ihre wissenschaftlichen Leistungen mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, umgangssprachlich auch Bundesverdienstkreuz genannt, ausgezeichnet. Ida Noddack stirbt am 24. September 1978 im Alter von 82 Jahren in ihrem Altersruhesitz im rheinland-pf?lzischen Bad Neuenahr. Das Ehepaar Noddack findet auf dem Friedhof Bamberg seine letzte Ruhe.

Zusammen mit ihrem Ehemann pr?gte Ida Noddack in der Nachkriegszeit die naturwissenschaftliche Forschung in Bamberg und machte die Philosophisch-Theologische Hochschule über die deutschen Grenzen hinaus bekannt. Denn das mit ihrem Mann gemeinsam aufgebaute Institut war lange Zeit ein Aush?ngeschild der chemischen Forschung in Europa. Im Jahr 1989 wird aus dem Forschungsinstitut das gegenw?rtig dem Landesumweltministerium unterstellte Bayerische Geologisches Landesamt, Au?enstelle Bamberg. Dieses existiert bis 1993.

Heute erinnert das Noddack-Haus auf dem Marcusgel?nde an die Errungenschaften des Naturforscher-Ehepaars. Hier ist dem Vorbild der Namensgeber entsprechend die Professur für Didaktik der Naturwissenschaften mit ihren Laboratorien untergebracht.

Text: Sebastian Koch/Dezernat Kommunikation & Alumni

Ida Noddack im Bamberger Professorinnen- und Professorenkatalog

Quellen:

Fr?nkischer Tag: ?Bahnbrecher der modernen Chemie“, 9. Dezember 1960.

Fr?nkischer Tag: ?Leistung der Forscherin sp?t erkannt“, 5. M?rz 1989.

Winfried P?tsch: Noddack, Iva Eda. In: Lexikon bedeutender Chemiker. Leipzig: Bibliographisches Institut 1988.

Universit?tsarchiv Bamberg, Signatur V A 161.

Brigitte Van Tiggelen; Annette Lykknes: Ida and Walter Noddack through better and worse: an Arbeitsgemeinschaft in Chemistry. For better or for worse? Collaborative Couples in the Sciences. In: Science Networks, Historical Studies 44 (2012), S. 103–147.