Studientag 2015 - Berichterstattung
Gottes-Krieger, Gottes Kriege?
Darf man im Namen Gottes Krieg führen? Wann ist es überhaupt legitim einen Krieg zu führen? – oder: Gibt es einen ?gerechten Krieg“? Dies alles sind Fragen, die angesichts gegenw?rtiger Situationen aktueller und berechtigter denn je scheinen. Welches Thema h?tte sich also besser für den diesj?hrigen Studientag des Instituts für Katholische Theologie der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg geeignet als der Diskurs um ?Gottes-Krieger“ und ?Gottes Kriege“?
Der Einladung zu diesem ?Uni-Schnuppertag der anderen Art“, der am 12. Februar 2015 stattfand, folgten ca. 380 Oberstufenschülerinnen und -schüler. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern machten sie sich nicht nur von Bamberg, sondern auch von Ebermannstadt, Fürth, Hof, Kronach oder Nürnberg aus auf den Weg, um einen Eindruck zu bekommen, wie ein Universit?tsstudium aussehen kann. Dem Ziel folgend, diesen Eindruck so unialltagsnah wie m?glich zu gestalten, wurde für die Schülerinnen und Schüler ein Programm erstellt, das sowohl vorlesungsartige Kurzvortr?ge, als auch eine Seminarphase und eine abschlie?ende Podiumsdiskussion enthielt.
Der Religionsdidaktiker Prof. Dr. Konstantin Lindner begrü?te die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Einführung in die Thematik. Als Symbol für die Problematik angeblich ?gottgewollter“ Kriege k?nne das an der Bethlehemer Mauer angebrachte Banksy-Graffiti gedeutet werden: Das Bild einer Schutzweste tragenden Friedenstaube, auf deren Brust die Zielscheibe eines Geschützes zu sehen ist, verweise nicht nur auf die aktuellen religi?sen Konflikte in Pal?stina oder dem Nahen Osten. Vielmehr g?be es schon seit Jahrtausenden Kriege, für deren Legitimation sich verschiedenste Konfliktparteien – nicht selten in problematischer Weiser – auf Religionen beziehen. Nicht zuletzt auch im Namen des Christentums seien grausame Gewalttaten verübt worden. Entsprechende Argumentationen f?nden sich beispielsweise für die Kreuzzüge oder auch um kriegerisches Handeln im Ersten Weltkrieg zu begründen.
?YHWH ist ein Kriegsmann, YHWH ist sein Name.“ (Ex 15,3) – Die Aufrüstung und Abrüstung Gottes im Alten Testament
Genau mit diesem Blick auf die alttestamentlichen Wurzeln des Christentums setzte der Bibelwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Bieberstein spannende Akzente. Er zeigte den Schülerinnen und Schülern anhand ausgew?hlter Bibelstellen, dass das Alte Testament durchaus gewaltt?tige und zum Kampf auffordernde Texte enth?lt. Doch machte Bieberstein in einem zweiten Schritt auf die Problematik aufmerksam, die sich ergibt, wenn diese Texte vorschnell als gewaltpredigende Aufforderungen zu kriegerischem Handeln interpretiert werden. Daher sei eine ernsthafte Auseinandersetzung mit derartigen biblischen Textpassagen wichtig. Durch wissenschaftliche Besch?ftigung damit lasse sich beispielsweise nachweisen, dass die Erz?hlungen über die Eroberung Jerichos (vgl. Josua 6) neuassyrische Kriegspropaganda aufgreifen und diese karikieren: Sie sind als Gegengeschichten zu den Kriegsberichten der Assyrer zu lesen, um angesichts des Kriegsleids zu erz?hlen, dass YHWH seinem Volk das ganze Land geschenkt hat und dass man dieses anscheinend leichtfertig verschenkt hat. An anderen Bibelstellen l?sst sich nachweisen, dass im Verlauf der Zeit durch sp?tere Abwandlungen als zu kriegerisch empfundene Texte uminterpretiert werden – nicht zuletzt um die problematische Rede von einem kriegerischen Gott zu ?entsch?rfen“ angesichts der Opfer einer Fehlinterpretationen solcher Texte.
Wie gerecht ist der gerechte Krieg? – Theologisch-ethische Anfragen
In einem weiteren Statement stellte Prof. Dr. Thomas Wei?er aus theologisch-ethischer Sicht zun?chst die These des alternativlosen Krieges infrage. Im Verlauf seines Kurzvortrages ging er zudem auf die ?Lehre vom gerechten Krieg“ ein, die im Christentum schon seit Augustinus zu finden sei. Anhand zentraler Punkte zeigte Wei?er auf, inwiefern ein Krieg überhaupt als gerecht bezeichnet werden kann; z. B. wenn dieser das letzte Mittel sei, um gebrochenes Recht wieder herzustellen, oder die Verh?ltnism??igkeit der milit?rischen Reaktion weitgehend gewahrt bleibe. Gleichwohl sei es sehr schwierig, einen Krieg als ?gerecht“ zu titulieren – insbesondere in Anbetracht des auch dadurch ausgel?sten Leids. In dieser Hinsicht g?be es nach wie vor viel Raum für Diskussionen.
Seminarphase und Podiumsdiskussion
Dieser Raum für Diskussionen wurde den Schülerinnen und Schülern in der Seminarphase zur Verfügung gestellt. Ausgehend von Schreibgespr?chen zu den Darlegungen der Referenten entwickelten sich in den kleineren Arbeitsgruppen, die von Studierenden betreut wurden, tiefgründige und teilweise hitzige Debatten. Damit wurde eine ideale Grundlage für die abschlie?ende Podiumsdiskussion gelegt, die nach einer kleinen Pause stattfand. Gest?rkt durch Brezen – gesponsort von der Hauptabteilung Schule des Erzbistums Bamberg – hatten die Schülerinnen und Schüler die M?glichkeit, die Professoren Thomas Wei?er und Klaus Bieberstein um Kl?rungen zu bitten oder mit kritischen ?u?erungen zum Thema zu konfrontieren. Drei aus allen Arbeitsgruppen gew?hlte Sprecher repr?sentierten dabei auf dem Podium die Studientagsteilnehmerinnen und -teilnehmer, von denen sich jedoch viele selbst in die Diskussion mit den beiden Referenten einschalteten.
Seinen Abschluss fand der Studientag 2015 mit Worten des Dankes, die Prof. Lindner zum einen an die Schülerinnen und Schüler für ihr Interesse und zum anderen an die Dozenten sowie die Studierenden, die den Studientag durch ihr Mitwirken erst m?glich gemacht haben, richtete. Sein ganz besonderer Dank galt der wissenschaftlichen Assistentin StRin Katharina H?ger und dem gesamten Religionsp?dagogik-Lehrstuhlteam für das gro?e Engagement, welches den Studientag erst zu der gelungenen Veranstaltung werden lie?, die er war.
Hinweis
Diesen Text verfasste Pia Zimmermann. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.