?Kruzifix und Davidstern“ - Ein Social Media-Projekt zur Vermittlung christlich-jüdischer Beziehungen

Die Idee zum Projekt

Akademische Arbeiten kranken bisweilen daran, dass der investierte Aufwand in einem unvorteilhaften Verh?ltnis zur erreichten Resonanz steht. Statt zu einem ?ffentliche Diskurs beizutragen, enden die meisten studentischen Erzeugnisse in den Schubladen der Dozent:innen. Diese Problematik sollte im durchgeführten studentischen Projekt ?Kruzifix und Davidstern“ proaktiv behandelt werden: Themen der interreligi?sen Beziehung von Judentum und Christentum, polemische Auseinandersetzungen und antisemitische Tendenzen.  Die Inhalte orientierten sich an der zeitgleich stattfindenden Vorlesung zu jüdisch-christlichen Beziehungen. Für das Projekt ?Kruzifix und Davidstern“ stand die Wissenschaftsvermittlung, also die Aufbereitung der Inhalte für ein nicht-akademisches Publikum im Fokus. Durch die vereinfachte, dem nicht-akademischen Adressatenkreis angepasste Sprache und Form des Projekts sollte ein Problembewusstsein zu interreligi?sen Themen entwickelt werden.

 

Die Umsetzung

Als Vermittlungsplattform wurde der Social Media-Dienst Instagram gew?hlt, da dieser eine diverse Nutzer:innenstruktur hat und von Menschen verschiedener Altersschichten und Bildungsbiografien genutzt wird. Dennoch besteht ein ?berhang jüngerer Nutzer:innen.

Vor Beginn der eigentlichen Arbeit mit dem Instagram-Account mussten einige Vorüberlegungen und -entscheidungen getroffen werden. Wie sollte der Kanal genau hei?en? Wie sollen die Posts aussehen? Was genau soll dort abgebildet werden? Welche Zielgruppe spricht der Kanal an?

Der Projekttitel sollte m?glichst unkompliziert und barrierefrei und zugleich pr?zise sein. ?Kruzifix und Davidstern“ zeigt diese Ambivalenz. Es wurde ein einheitliches Layout erstellt, in dem alle Beitr?ge erscheinen sollten. Zweimal in der Woche wurde dann nach einem festen Zeitplan ein neuer Beitrag ver?ffentlicht.  Die Themen wurden haupts?chlich entlang einer historischen Chronologie der jüdisch-christlichen Beziehungen ausgew?hlt und vorgestellt. Von der Theologie des Paulus und frühen christlichen und jüdischen Polemiken bewegte sich der Fokus über die jüdische Haskala als Antwort auf die Aufkl?rung bis zur Theologie der Kirchen nach dem Nationalsozialismus. Unterbrochen wurden diese historischen Abrisse in regelm??ig wiederkehrenden Abst?nden von thematischen Bl?cken, die sich mit Themen der heutigen Lebenswelten von Jüd:innen und Christ:innen auseinandersetzen.

Resonanzen

Der Instagram-Account zur Wissenschaftsvermittlung von christlich-jüdischen Beziehungen erreichte 200 Follower:innen. Dazu kommen weitere Leser:innen die über die jeweils verwendeten Hashtags zu den Beitr?gen stie?en. Die Likes der Posts bewegten sich im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich.

Die ?ffentlichkeit und Best?ndigkeit der geposteten Beitr?ge erforderten ein genaues Abw?gen der eigenen Aussagen. Wenngleich dies nicht immer gelang und trennscharfe Formulierungen nicht immer zu finden waren, wurde eines sehr deutlich: jedwede Reaktion bezüglich der eigenen Arbeit erfolgt auf einem ?ffentlichen Account sehr viel unmittelbarer als beispielsweise im klar definierten akademischen Raum. Lehrreich waren in diesem Zusammenhang die Fragen, die unter den Posts gestellt wurden und die Diskussionen, die über problematische oder unklare Aussagen entstanden.

Was kann Wissenschaft von Social Media lernen?

Den eigenen Erfahrungen im Social Media-Projekt und im akademischen Raum nach, muss konsequent gefragt werden, was beide nicht direkt verwandten Felder voneinander lernen k?nnen. Social Media-Plattformen k?nnen meines Erachtens einen inhaltlichen Mehrgewinn erzielen, wenn man sie nicht allein zur Selbstdarstellung nutzt, sondern diese als Medium der Wissensvermittlung einsetzt. Eine gelingende Wissenschaftskommunikation kann wissenschaftlich fundierte und methodisch gestützte Erkenntnisse niedrigschwellig und in kurzen Abst?nden an eine gr??ere Leser:innenschaft weiterreichen. Auf der anderen Seite kann auch der akademische Raum von Erfahrungen und Kompetenzen aus Social Media profitieren: Studierende und Besch?ftigte im wissenschaftlichen Sektor k?nnen durch soziale Medien lernen, Texte pointiert, kurz und zutreffend zu formulieren. So k?nnte beispielsweise eine Eintrittshürde in den universit?ren Raum verringert werden, wenn inhaltliche Diskurse über akademisches Gatekeeping gestellt werden.