Portr?tfoto der Professorin Eierle

▼ Professorin Dr. Brigitte Eierle [2011]

Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung

\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSIT?T BAMBERG

\\ INTERVIEW VON 2011

 

"Ist man bereit all dies auf sich zu nehmen, dann kann ich jeder Studentin nur zuraten, diesen Weg zu gehen."


K?nnten Sie uns bitte kurz Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?

Ich absolvierte zun?chst eine Ausbildung zur Bankkauffrau und studierte anschlie?end Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule in Augsburg. Nach einem Studienaufenthalt an der University of Missouri-Kansas City in den USA und dem Abschluss meines Fachhochschulstudiums wechselte ich an die Universit?t Augsburg. Hier w?hlte ich die Schwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Controlling sowie Betriebswirtschaftliche Steuerlehre. 1997 schloss ich mein Studium an der Universit?t Augsburg ab und war anschlie?end als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universit?t zu K?ln und danach an der Johannes Kepler Universit?t in Linz (?sterreich) t?tig. Nach meiner Promotion wechselte ich an die Universit?t Regensburg, wo ich 2008 habilitierte. Bevor ich im April 2009 den Ruf auf die Professur für BWL, insbesondere Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung, an der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg annahm, hatte ich eine Lehrstuhlvertretung an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena.

Erhielten Sie w?hrend der Studienzeit bzw. in Ihrer beruflichen Laufbahn Unterstützung?

Auf pers?nlicher Ebene profitierte ich von der Unterstützung und F?rderung durch meine akademischen Lehrer. Auch den permanenten Austausch mit Kollegen und ?Leidensgenossen“ habe ich als wichtigen Motivationsfaktor empfunden. Au?erdem konnte ich stets auf die moralische Unterstützung meines privaten Freundeskreises sowie meiner Familie z?hlen. Auf finanzieller Ebene profitierte ich u.a. von einem Habilitationsstipendium der Universita?t Regensburg aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm 2004 – 2006 ?Programm Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“. Hierdurch war es mir m?glich, mich st?rker aus der Lehre herauszunehmen und mich auf meine Forschungsarbeiten zu konzentrieren. Mein Studium wurde durch ein Stipendium des Freistaates Bayern nach dem Bayerischen Begabtenf?rderungsgesetz gef?rdert.

Wie kamen Sie auf die ?Idee“, eine akademische Laufbahn einzuschlagen?

Nach meinem Ausflug in die Praxis im Zuge meiner Bankausbildung und nach meinem Studium an der Fachhochschule stand für mich fest, dass die BWL noch so viel mehr zu bieten hat, das mich interessierte. Ich wollte mich gerne tiefer in komplexe Sachverhalte einarbeiten und den Dingen auf den Grund gehen. Dies l?sst sich in der Unternehmenspraxis jedoch nur teilweise verwirklichen, da hier vielfach nach schnellen praktikablen L?sungen gesucht wird. Da meine Begeisterung für Forschung und Lehre in einem internationalen Kontext w?hrend meiner Promotion weiterwuchs, entschloss ich mich schlie?lich für die Habilitation und eine Universit?tslaufbahn.

Gab es für Sie Vorbilder oder Menschen, die Sie in Ihrem Vorhaben best?rkt haben?

Ich habe in meinem privaten und famili?ren Umfeld immer viel Unterstützung erfahren. Das war wichtig und hilfreich für mich. Auch im Austausch mit meinen akademischen Wegbegleitern habe ich immer viel Zuspruch erhalten, konkrete Vorbilder hatte ich aber nicht.

K?nnten Sie bitte kurz Ihren Forschungsschwerpunkt vorstellen?

Meine Forschungsinteressen sind sehr vielf?ltig. Meine derzeitige Forschungst?tigkeit konzentriert sich aber auf zwei gro?e Forschungsfelder: die empirische Kapitalmarktforschung und die Unternehmensberichterstattung kleiner und mittelgro?er Unternehmen. Bei der empirischen Kapitalmarktforschung geht es um die empirische Erforschung der Beziehung zwischen Rechnungslegung und Kapitalmarkt. Hierbei besch?ftige ich mich u.a. damit, wie Rechnungslegungsmethoden die Sch?tzgenauigkeit von Finanzanalysten beeinflussen oder welche Rechnungslegungsmethoden Investoren entscheidungsnützliche Informationen liefern. Mein zweiter gro?er Forschungsschwerpunkt ist die Erforschung der Anforderungen an die Rechnungslegung nicht kapitalmarktorientierter, also kleiner und mittelgro?er Unternehmen. Im Mittelpunkt steht hier die Frage nach Kosten und Nutzen der Rechnungslegung und der Notwendigkeit einer Differenzierung von Unternehmensberichterstattungspflichten zwischen verschiedenen Typen von Unternehmen. Forschungsfragen in diesem Bereich sind beispielsweise: Besteht für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ein Bedarf international vergleichbare Rechnungslegungsinformationen bereitzustellen und wodurch wird dieser Bedarf determiniert? Wie beurteilen kleine und mittelgro?e Unternehmen spezifische Rechnungslegungsmethoden? Welche Faktoren beeinflussen das bilanzpolitische Verhalten kleiner und mittelgro?er Unternehmen?

Was finden Sie reizvoll an Ihrem Beruf und an Ihrem Fach?

Reizvoll finde ich zum einen das selbstbestimmte Arbeiten. Mein Beruf gibt mir die Freiheit, mich in meiner Forschung jenen Themen zu widmen, die mich besonders interessieren. Dies ist ein gro?es Privileg, das ich sehr sch?tze. Zum anderen finde ich den internationalen Austausch im Rahmen von Forschungsprojekten oder Gastaufenthalten an ausl?ndischen Universit?ten sowie die interdisziplin?re Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Fachbereichen extrem spannend. Das Fach ?Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung“ bietet hier vielf?ltige Ansatzpunkte. Zu guter Letzt habe ich Spa? daran, mit jungen, motivierten Studenten/innen zu arbeiten, die man - allen Unkenrufen zum Trotz - an den Universit?ten noch immer findet.

Lie? sich Ihr Beruf mit famili?ren Pl?nen in Einklang bringen?

Da ich unverheiratet bin und keine Kinder habe, kann ich die Frage nur schwer beantworten. Ich denke aber, dass mein Beruf beispielsweise durch die flexible Zeiteinteilung mehr Freiraum er?ffnet, um Familie und Beruf grunds?tzlich leichter in Einklang zu bringen als dies in anderen, für BWL-Absolventen/innen üblichen Berufen der Fall ist. Allerdings ist auch eine Professur kein Beruf, der im Rahmen einer vierzig Stundenwoche gemeistert werden kann, sondern hohen pers?nlichen Einsatz fordert, der weit darüber hinaus geht.

Hatten Sie bzw. haben Sie das Gefühl, dass Sie im Gegensatz zu Ihren m?nnlichen Kollegen mehr leisten mussten bzw. müssen, um die gleiche Anerkennung zu bekommen?

Nein, dieses Gefühl hatte ich nicht. Ich glaube aber, dass Frauen h?ufig selbstkritischer sind und sich vielfach auch weniger zutrauen als ihre m?nnlichen Kollegen.

Sehen Sie Probleme darin, dass der Anteil der Professorinnen an Universit?ten so gering ist?

Ich würde es sehr begrü?en, wenn der Anteil der Professorinnen an den Universit?ten ausgewogener w?re. Um dies zu erreichen, müssten sich zun?chst mehr Studentinnen für eine Promotion und anschlie?ende Habilitation entschlie?en.

Was würden Sie Studentinnen raten, die sich für eine wissenschaftliche T?tigkeit interessieren?

Ich würde an der Wissenschaft interessierten Studentinnen raten, sich sehr bewusst mit dieser Berufsentscheidung auseinanderzusetzen. Die Qualifikationsanforderungen sollten kritisch mit den eigenen Vorlieben und Pr?ferenzen, aber auch mit den eigenen St?rken und Schw?chen abgeglichen werden. Eine T?tigkeit als studentische Hilfskraft oder als Tutorin kann dabei sehr hilfreich sein, erste Einblicke in eine Lehrstuhlt?tigkeit zu erhalten. Darüber hinaus sollte man sich von Beginn an bewusst sein, dass Promotion und Habilitation sowie die sp?tere Lehrstuhlt?tigkeit als Professorin einen hohen pers?nlichen Einsatz und gro?e Motivation erfordern und zumeist mit Ortswechseln verbunden sind. Ist man bereit all dies auf sich zu nehmen, dann kann ich jeder Studentin nur zuraten, diesen Weg zu gehen. Denn trotz des gro?en Kraftaktes, der n?tig ist, um all die Hürden zu nehmen und sich im Bewerbungsprozess durchzusetzen und trotz der bis zum Schluss bestehenden beruflichen Unsicherheit, ist es für mich immer noch ein Traumberuf.

Wie kamen Sie zu Ihrem Amt als Prodekanin der Fakult?t Sozial- und Wirtschaftswissenschaften?

Nach BayHSchG wird der Prodekan/die Prodekanin vom Fakult?tsrat auf Vorschlag des Dekans/der Dekanin gew?hlt. Als designierter Dekan schlug mich damals Prof. Dr. Thomas Gehring dem Fakult?tsrat als Prodekanin vor. Für mich war mit dem Amt die Chance verbunden, von Anbeginn die Fakult?t n?her kennenzulernen und im Rahmen meiner Mitgliedschaft in der FNK (St?ndige Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs) Einblicke in die Forschungsaktivit?ten der anderen Fakult?ten zu erlangen.

Würden Sie mit dem Wissen, das Sie heute haben, etwas an Ihrem beruflichen Werdegang ?ndern?

Mein beruflicher Werdegang war nicht von vornherein so geplant, sondern hat sich erst nach und nach ergeben. Dadurch ist meine akademische Laufbahn alles andere als geradlinig und so manche Hürde h?tte ich mit dem Wissen, das ich heute habe, sicherlich strategischer und zeiteffizienter angehen k?nnen. H?ufig ist aber ?der Weg das Ziel“. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass mein manchmal umst?ndlicher Weg für mich der richtige war.

 

Das Interview wurde schriftlich aufgezeichnet.