Perspektivwechsel: ?Am I next?“ – Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen am Kap der Guten Hoffnung
Es ist Dienstag, mein vierter Tag in Kapstadt. Die Sonne scheint, ich laufe durch den Central Business District, als ich laute Stimmen h?re. Ist es Gesang? Ich drehe mich um. Junge Erwachsene, alle in schwarz gekleidet, kommen um die Ecke. Sie heben Plakate in die Luft. Was drauf steht, kann ich noch nicht lesen. 20, 30, 40 – es werden mehr und mehr. Sie rufen etwas, das ich im Stimmgewirr nicht verstehen kann. Mein irritierter Gesichtsausdruck verr?t mich: Ich habe keine Ahnung, was hier gerade vor sich geht. Ein Mann neben mir erkl?rt mir, es seien Student_innen, die gegen Gewalt an Frauen protestieren.
Alle drei Stunden
?Am I next?“ steht auf den meisten Plakaten. Die Wahrscheinlichkeit, ?die N?chste“ zu sein, ist hier in der Tat hoch: Alle drei Stunden wird in Südafrika eine Frau get?tet. Unl?ngst spricht man von Femizid, also der T?tung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Viele dieser T?tungsdelikte gehen mit sexueller Gewalt einher. 40 000 Vergewaltigungen werden in Kapstadt j?hrlich angezeigt. Die Dunkelziffer ist viel h?her: Nur jede zwanzigste Frau, so sagen Frauenrechtsorganisationen, gehe hier zur Polizei. Gewalt steht am Kap der Guten Hoffnung leider auf der Tagesordnung. Aber was ist passiert, dass die Menschen sogar protestierend durch die Stra?en ziehen?
?Wer eine Frau schl?gt, schl?gt auf Stein!“
Eine 19-j?hrige angehende Theologiestudentin wurde vergewaltigt und ermordet, nachdem sie am Morgen eine Auszeichnung anl?sslich des ?Monats der Frau“ erhalten hatte. Einige weitere traurige und besonders schockierende F?lle, deren Details hier nicht n?her erl?utert werden sollen, hatten sich zuvor zugetragen. Nichts Ungew?hnliches am südlichsten Zipfel Afrikas, nur, dass der Zeitpunkt der sprichw?rtliche Tropfen war, der das Fass zum ?berlaufen gebracht hat. August ist in Südafrika allj?hrlich der ?Monat der Frau“, dessen historischen Wurzeln in der Zeit der Apartheid liegen: 1956 hatten bei einem Protestmarsch zwanzigtausend Frauen unterschiedlicher Hautfarbe und Nation gegen ihre nichtexistierenden Rechte protestiert. ?Wathint’Abafazi Wathint’imbokodo!“, was so viel bedeutet wie ?Wer eine Frau schl?gt, schl?gt auf Stein!“, lautet das historische Motto, das aus der Zeit hervorging.
Mit Gesang gegen Gewalt
Heute, 63 Jahre sp?ter, ist es die Frustration gegenüber der Unt?tigkeit der Regierung, gegen Gewalt an Frauen strenger vorzugehen, die die Menschen auf die Stra?e treibt. Am Mittwoch, einen Tag nach meinem zuf?lligen 188bet亚洲体育备用_188体育平台-投注*官网 mit den Protesten, findet schlie?lich eine offizielle Demonstration statt, an der auch die Redaktion, in der ich zurzeit mein Praktikum absolviere, teilnimmt. Ich finde mich schlie?lich selbst inmitten der Protestierenden wieder. Es ist nicht meine erste Demonstration, doch ganz anders, als ich es aus Deutschland gewohnt bin: Trotz des traurigen Anlasses werden immer wieder Ges?nge angestimmt, Kreise formieren sich, in denen getanzt wird. Ich habe G?nsehaut am ganzen K?rper. Rhythmische Kl?nge, Tanz und Gesang – auch das ist typisch Afrika! Und so kommt am Ende ein Gefühl von Gemeinschaft auf, das Hoffnung am Kap stiftet: Gemeinsam kann etwas bewirkt werden, sodass es für die Frauen nicht l?nger notwendig ist, ?hart wie Stein“ zu sein!
Alena Stephan