Die Langhausgew?lbe des Bamberg Doms

Digitale Vermessung zur Analyse von Konstruktion, Arbeitsablauf und Statik

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling, Jürgen Giese MA, Dipl.-Ing. (FH) Christian Schalk

Mitarbeiter: Jan Fuhrman, Dipl.-Ing. Ann-Christin Wittek, Jacob Scharf

Kooperationapartner: Bamberger Dom, Dombauhütte, Staatliches Hochbauamt

Im Rahmen des von der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg gef?rderten Forschungsprojektes ?Das Langhausgew?lbe des Bamberger Doms – Konstruktion, Arbeitsablauf, Statik“, wurde zwischen Juli und November 2008 eine Verformungsanalyse des Ostchors und des Langhauses erstellt. Ziel war die Erfassung der Gew?lbeoberschalen mitsamt der Zwickel und Obergadenw?nde, um die beim 3D-Laserscan der Mittelschiffgew?lbe im M?rz 2007 dokumentierten Verformungen auf ihre Geometrie und statische Bedeutung hin zu untersuchen sowie Rückschlüsse auf ihren Ursprung zu ziehen.

Verformungsanalyse

Die Tachymetrische Vermessung der Obergadenw?nde von innen und au?en best?tigte die Abweichung der selbigen aus der Vertikalen in Joch 1 und 2. Gemessen wurde dabei der Bereich zwischen dem Fu?bodenniveau und der K?mpferh?he der Gew?lbe bzw. dem Scheitelpunkt des Schildbogens. Das Maximum der sich nach au?en neigenden W?nde konnte hierbei an Gurtbogen 3, also am ?bergang von Joch 2 zu Joch 3, verortet werden. Ebenfalls konnte best?tigt werden, dass sich die in den Ostchorjochen auftretende Schieflage der Arkaden und Obergaden nicht weiter nach Westen fortsetzt, da die Langhausw?nde von Joche 3, 4 und 5 ann?hert senkrecht stehen. Ferner ergab die Vermessung der n?rdlichen Obergadenwand, dass deren Innen- und Au?enmauer zwar parallel zueinander verlaufen, die Langhauswand insgesamt jedoch zwischen den Osttürmen und dem Querhaus deutliche nach au?en ausbaucht, wobei das Maximum der Ausbauchung in der Mitte von Joch 2 liegt.

Befunduntersuchung

Bei der Untersuchung der Sargw?nde im Ostchor und Langhaus wurden die barocke Vorsatzschalen aus Ziegelmauerwerk in Joch 1 und 2 dokumentiert, die der Reparaturphase unter Dientzenhofer in den 1740er Jahren zuzuordnen sind. Diese Ziegelschalen sto?en am ?bergang von Joch 2 zu Joch 3 stumpf an das gro?formatige Quadermauerwerk der westlichen Langhausjoche. An der südlichen Sargwand hat sich an dieser vertikalen Baufuge noch ein geringfügiger Teil der ursprünglich aus kleinformatigem Quadermauerwerk bestehenden Ostchorsargwand im Gew?lbezwickel erhalten. Neben den sich oberhalb der Gew?lbe prim?r auf die ersten beiden Joche, die Osttürme und die Kalotte konzentrierenden Sicherungsma?nahmen aus eisernen Zugb?ndern von Franz Ignaz Neumann, wurden an der n?rdlichen Sargwand Reste einer ehemaligen Gurtbogenübermauerung von Gurtbogen 3 und einer Vermauerung des nordwestlichen Gew?lbetrichters von Joch 2 erfasst.

Ferner lie? sich auf der Westseite von Gurtbogen 3 ein Kalkputz mit wei?em Anstrich dokumentieren, der vom Gew?lbe von Joch 3 geschnitten wird. Eine genauere Untersuchung der statisch relevanten Anschlüsse zwischen Gew?lbekappen und Sargw?nden in Joch 1 und 2 konnte nicht erfolgen, da diese Bereiche von einem sehr harten M?rtelbett des 18. Jahrhunderts verdeckt sind. Zum Scheitel hin liegen die bruchsteinrauen Gew?lbekappen frei. An ihnen sind zwar keinerlei Verformungen nachzuweisen, jedoch zeigen deren Tuff- und Sandsteine eindeutig Verf?rbungen aufgrund gro?er Hitzeeinwirkungen. In den Gew?lben von Joch 3, 4 und 5 finden sich keine Verf?rbungen der Kappensteine in den Gew?lbe, lediglich die gro?en Sandsteinquader der ?stlichen Bereiche der Sargw?nde von Joch 3 weisen bis in die unverfüllten Gew?lbetrichter leichte R?tungen durch Hitze auf. Neben der Baufugen zwischen Joch 2 und 3 konnte auch im westlichen Teil von Joch 1 eine solche dokumentiert werden, die sich nur ?u?erlich durch einen Versatz im Rundbogenfries direkt über dem Scheitelpunkt des Obergadenfensters fassen l?sst.

Ergebnis

Wie bereits durch die Untersuchungen vom M?rz 2007 vermutet wurde, kann best?tigt werden, dass in Joch 1 und besonders in Joch 2 eine Schiefstellung der Obergadenw?nde vorhanden ist. Diese kann jedoch nicht auf den Horizontalschub des jetzigen Gew?lbes zurückgeführt werden, da Gurtbogen 3 (der Bereich mit der gr??ten Abweichung aus der Vertikalen) nur eine geringfügige Setzungsverformung von 2 cm aufweist, die keine Verschiebung der Obergadenw?nde von insgesamt 20 cm aus der Vertikalen nach au?en bewirkt haben kann. Somit muss zwischen den Ursachen der Obergadenverformung und den im 18. Jahrhundert auftretenden Rissen in Gew?lben und Mauerwerk unterschieden werden. Eine Erkl?rung für die Schiefstellung kann zum jetzigen Zeitpunkt nur der Horizontalschub eines Gew?lbes liefern, dass bereits im Mittelalter durch das bestehende Gew?lbe ersetzt wurde oder das marode, im 18 Jahrhundert ersetzte mittelalterliche Dachwerk, dessen Sparren laut dem im Jahre 1743 von Dientzenhofer erstellten Gutachten Schub auf die vom Brand gesch?digten Obergadenw?nde ausübten und somit auch Risse verursacht haben k?nnten. Diese Sch?den dürften aber mit dem neuen Dachwerk behoben worden sein, da dessen Zerrbalken und Mauerschwellen als h?lzernes Ringankersystem angelegt wurden. Für die ab 1760 und verst?rkt in den 1770er auftretenden Sch?den sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Schwingungen der Osttürme durch Glockschlag und Wind verantwortlich, da zum einen die Glocken des bei der Dacherneuerung von 1744-47 entfernten Dachreiters auf die Türme verteilt wurden und die Osttürme zus?tzlich von 1765-68 um ein Stockwerk erh?ht wurden. Die durch Dethard von Winterfeld auf nach 1227 datierte Errichtung der Gew?lbe in Joch 3-5 kann durch die neusten Untersuchungen eindeutig best?tigt werden. Des Weiteren dürfte der für das Langhaus geplante Bauabschnitt mit Holzdecke nie fertiggestellt worden sein, da die Sargw?nde weder die durch ein brennendes Dachwerk verursachten Hitzeverf?rbungen noch Reste von Innenraumputzen aufweisen. Dass die Bauausführung für die Holzdeckenplanung jedoch schon weit fortgeschritten waren belegt der vom Gew?lbe des dritten Jochs geschnittene Putz mit wei?em Kalkanstrich an der Westseite von Gurtbogen 3.

Ausblick

Eine Ausweitung und Vertiefung der bisherigen Forschungen im Bereich der Domgew?lbe kann die auf Grundlage der neusten Forschungsergebnisse getroffenen ?berlegungen verifizieren. Auch die bis jetzt noch nicht klar einzuordnende Baufuge in Joch 1 und die starke Ausbauung des Langhaus müssen wie auch die noch genauer zu untersuchenden Gew?lbe des Querhauses und des Westchores noch mit Winterfelds Forschungen zum Baufortschritt abgeglichen werden.

XI/2008